Anlässlich des Nations Cup haben wir mit Ferdinand Ondruschka über die aktuelle sportliche Situation, ihre Vergangenheit und d Ziele für die kommende Zeit unterhalten.

Zunächst zu Ferdinand:

(1) Hey Ferdinand, danke, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast.

Hallöchen miteinander!

 

(2) Du erlebst in diesem Sommer einen echten Umbruch in deiner Floorballkarriere. Mit dem Wechsel nach Finnland zu Jymy Salibandy betrittst du völlig neues Terrain. Wie sind deine ersten Eindrücke aus der Floorball-Topnation?

Tatsächlich ist das auch für mich persönlich im Großen und Ganzen ein echter Umbruch, da ich noch nie alleine gewohnt habe. Ich wurde von dem Team hier sehr positiv aufgenommen, das hat mich sehr gefreut. Wir kommunizieren natürlich ausschließlich auf Englisch, was zwar eine kleine Sprachbarriere darstellt, aber eigentlich funktioniert es auch damit wirklich gut. Man kann sich mit allen Teamkollegen gut unterhalten.

Floorballerisch ist es natürlich ein anderes Level. Das Trainingsumfeld ist anders, als ich es bisher aus Deutschland kannte, in jedem Training sind 25 Feldspieler und ein vierköpfiges Trainerteam, dazu gibt es weiteren Staff, der nicht immer da ist. Auf diesem spielerischen Niveau musste ich erst einmal ankommen, das hat mich in den ersten Trainings schon auch ab und an ins Nachdenken gebracht. Inzwischen habe ich mich aber ganz gut reingefuchst und bin mit der jetzigen Situation wirklich zufrieden.

 

(3) Sind dir im Kontrast zu der letzten Saison, die du ja beim deutschen Rekordmeister UHCSparkasse Weißenfels verbracht hast, auch noch deutliche Unterschiede aufgefallen? Oder ist es dann doch ähnlich zu dem deutschen Toplevel, dass du bereits kennengelernt hattest?

Es besteht schon noch ein Unterschied, bzgl. der Leistung der Spieler im Training und der Anzahl an Mitwirkenden, sowohl Spielern als auch Trainern. Aber es ist auch keine komplett neue Welt. Natürlich ist alles professionalisierter als bei Weißenfels oder auch beim DHfK, es gibt Vorteile, die einem der Verein bietet (z. B. die kostenlose Nutzung des Gyms). Aber es ist eben auch dort kein Profisport. Klar ist alles noch leistungsorientierter, aber auch das Team kann nicht vom Floorball leben.

Krass ist bspw. die Umkleidekabine, die sieht wirklich aus, wie man sich eine Fußball-Umkleide aus dem Profibereich vorstellt. Jeder hat seinen personalisierten Bereich und es gibt eine mit Teambezug designte Wand, das ist schon cool. Aber im Großen und Ganzen ist es auch nichts komplett anderes.

 

(4) Du hast es soeben selbst schon kurz angeschnitten, vor deinem Jahr bei Weißenfels warst du bis 2022 Spieler beim DHfK, viele Jahre in der Jugend und seit 2018 im Herrenteam. Welche Erinnerungen verbindest du besonders mit dieser Zeit?

(Lächelt) Da gibt es sehr viele Dinge. Wenn du bspw. an Jonny Lehmann denkst, mit dem Namen können sicherlich viele etwas anfangen. Der Mensch, der einen überhaupt erst zu dem Sport gebracht hat, weil es einem halt im GTA in der Schule bei ihm so viel Spaß gemacht hat. Dann natürlich das Team, das sich früh geformt hat und in großen Teilen ja auch lange zusammen geblieben ist. Das Highlight in jungen Jahren waren sicherlich die Reisen nach Mora in Schweden, das war schon sehr sehr geil. Klar hat man fast immer verloren, aber einmal haben wir ein Spiel gewonnen und daran erinnert man sich dann natürlich für immer.

Später kam dann die Zeit mit Ruben und Juuso, das war vermutlich die Zeit, in der ich Floorball erstmals als mehr als ein Hobby angesehen habe (Ruben Seilnacht und Juuso Laamanen übernahmen die U15 des SC DHfK Leipzig 2016, Ruben blieb der Jugendtrainer des Jahrgangs 2002 bis 2019). Spätestens in der U17-Zeit hat man dann gelernt, dass man nicht nur so zum Training kommt, sondern besser werden will. Das Highlight war dann natürlich die Deutsche Meisterschaft 2019.

Und auch wenn es dann nicht den gewünschten Ausgang hatte, in meinen Augen waren die Bundesliga- Playdowns 2022 vielleicht das geilste Floorball-Wochenende, das ich bisher verbracht habe. Klar haben wir verloren, aber das Wochenende als Team war top und die Spiele waren intensiv, auch wenn ich persönlich nicht gut gespielt habe. Aber das Feeling war top, wir hatten starke Auswärtsfans in Kaufering. Das Ende war frustrierend, keine Frage, aber im Endeffekt war es ein im positiven Sinne prägendes Wochenende, über dessen Ausgang ich dann gar nicht so lange traurig war.

 

(5) Du hast das Ende dieser Saison bereits angerissen, die Spielzeit 2021/22 war ja die letzte, die du vorrangig bei DHfK verbracht hast. Wie war so deine Selbstwahrnehmung in dieser Saison? Wenn man nach so einem Jahr zum UHC Weißenfels wechselt, hat sich im Laufe der Saison doch bestimmt schon der ein oder andere Gedanke gebildet, dass man vielleicht etwas mehr für seine zukünftige sportliche Entwicklung möchte als man hat?

Diese Entscheidung hatte sehr viel mit dem Abstieg aus der Bundesliga zu tun. Die Entscheidung, mich voll auf dem Sport konzentrieren und ihm auch einiges opfern zu wollen, entwickelte sich circa zum Jahreswechsel 2021/22. Es wär für mich nicht ausgeschlossen gewesen, bei einem Verbleib in der Bundesliga beim DHfK zu bleiben. Aber mit dem Abstieg musste ich sagen, dass für mich die sportliche Perspektive in der zweiten Bundesliga nicht gegeben ist. Ich habe mir zugetraut, so gut zu sein, dass ich bei den besten Floorballteams in Deutschland mitspielen kann und für mich selbst entschieden, dass das auch das Ziel sein muss. Im Nachhinein war das jetzt sicherlich auch keine schlechte Entscheidung, weil ich in Weißenfels spielerisch den nächsten Sprung machen konnte und gerade weil ich auch über Ilkka jetzt nach Finnland gekommen bin (Ilkka Kittilä ist Cheftrainer des UHC Weißenfels und stammt aus Finnland). Aber trotz dieser Aussichten hätte ich mir bei einem Klassenerhalt den Verbleib beim DHfK vorstellen können, denn in dem Team habe ich mich wohl gefühlt. Es lag letztlich an dem Abstieg.

 

(6) Während dieser Saison bei Weißenfels konnte man dir ja förmlich beim Wachsen zusehen. Von den ersten Spielen bis hin zum Final 4 als Highlight deiner Saison war das ja schon eine ziemliche Erfolgsgeschichte für dich, oder wie hast du das persönlich wahrgenommen?

Die Anfangsphase war natürlich schwierig, es war anspruchsvoll, spielerisch reinzukommen. Es ist ein anderes Niveau, du spielst mit einigen der besten Spieler Deutschlands, da muss man sich erst einmal beweisen. Ich hab aber wirklich viel trainiert, auch außerhalb der Halle viel gemacht. Die Sprünge, die man dann macht und die vielleicht größer ausfallen als die Entwicklungsschritte anderer, sind natürlich auch darauf zurückzuführen, dass man mehr investiert.

Natürlich wird man im Training von den Mitspielern, gegen die man sich dann konstant behaupten muss, heftiger gefordert und muss immer wieder aus seiner Komfortzone ausbrechen. Das war zu Anfang schwierig, weil es ungewohnt war, aber auch kein Ding der Unmöglichkeit. Und dann entwickelt man sich natürlich über die Zeit, wächst als Teil eines guten Teams und bekommt neuen Input, gerade von einem so guten Trainer wie Ilkka. Da lernst du auch, wie du dein eigenes Spiel nochmal aufwerten kannst und wenn du das umsetzt, kann es noch weiter gehen. Ich bin sehr glücklich, in dieser Zeit so viel Neues gelernt zu haben.

(7) Nehmen wir das als Schlusswort zum Vereinssport und begeben uns langsam zum eigentlichen Anlass dieses Interviews. Ehe du im Herrenbereich für die A-Nationalmannschaft nominiert worden bist, warst du 2021 Teil der U19 Nationalmannschaft bei der WM in Brno. Was hast du aus deiner Zeit bei der Nachwuchs-Nationalmannschaft vorrangig mitgenommen?

In der U19 Nationalmannschaft war für mich wie für viele andere natürlich Thomas Berger ein maßgeblicher Faktor. Von ihm trainiert zu werden war wie in eine völlig neue Welt des Sports eingeführt zu werden. Du bist natürlich auch vorher schon motiviert, trainierst und machst sicherlich auch schon mehr, als wenn es ein reiner Spaß-Sport für dich wäre, aber trotzdem war die U19 Nationalmannschaft ein deutlicher Kontrast zu allem davor. Du bekommst einfach ein ganz neues Bild von deinem Sport, dem Floorballspiel und deinem Leben als Athlet vermittelt. Natürlich ist Floorball auch dort nicht das Ein und Alles, weil man halt nicht davon leben kann, aber du lernst, dein Leben um den Floorballsport herum zu bauen. Das war zumindest für mich das, was ich aus dieser Zeit mitgenommen habe. Und natürlich ist es ein riesiges Highlight, bei einer Weltmeisterschaft mitzuspielen, das war ein großartiges Erlebnis.

 

(8) Nach mehreren Einladungen zur U23 steht für dich nun die erste Berufung zurA- Nationalmannschaft unmittelbar bevor. Eine Fangfrage vorab – Warst du überrascht?

(lacht) Das ist eine schwierige Frage, mal sehen, ob ich sie eloquent beantwortet bekomme.

Ich muss ehrlicherweise gestehen, dass ich in meinem Sportlerleben viel investiert habe, um dorthin zu kommen, also würde ich jetzt ehrlicherweise auch nicht behaupten, dass ich überrascht war. Ich war fast eher ein wenig enttäuscht, dass es nicht vorher schon geklappt hat. Ich bin etwas überrascht, dass es ausgerechnet zu diesem Anlass das erste Mal geklappt hat, weil es ja schon ein wichtiges Turnier ist. Aber ich glaube schon, dass ich dort mitspielen kann. Ich habe keine Angst davor, sondern eigentlich nur Bock darauf, dabei zu sein und zu zeigen, was ich kann.

Gerade in der letzten Saison habe ich wirklich ohne Unterlass an mir gearbeitet, auch während meiner Verletzung im Frühjahr soweit es irgendwie ging weiter trainiert, um jetzt an diesem Punkt zu sein. Ich hatte das Ziel vor Augen und versucht, mich mit der vielen Arbeit darauf zuzubewegen. Dementsprechend bin ich nicht überrascht, dass es jetzt geklappt hat, sondern wollte es einfach unbedingt erreichen und bin sehr glücklich, dass ich jetzt nominiert wurde. Damit ist der erste Schritt getan, ich bin dabei und jetzt gilt es, sich auf das Turnier gut vorzubereiten, um dann gut zu spielen und sich zu zeigen.

 

(9) Euch erwarten mit den U23 Teams der Top-Nationen sehr anspruchsvolle Gegner. Wie gut vorbereitet fühlst du dich für die Spiele?

Die ersten Erfahrungen hier in Finnland, bspw. unser Testspiel gegen Happee (Ein anderes Team aus der höchsten finnischen Liga) und die Testspiele mit der U23 gegen die U19 der Topnationen sind vermutlich die beste Vorbereitung, die ich hatte. Natürlich ist die Qualität der U23 Teams nochmal eine andere als die der U19, aber das Spieltempo geht sicherlich in eine ähnliche Richtung. Hier bei Jymy spiele ich mit zwei Jungs zusammen, die für die U23 von Finnland nominiert worden, ich habe also schon ein gewisses Gefühl dafür, was mich erwartet. Ich bin ja ganz bewusst nach Finnland gegangen, um Floorball auf diesem Niveau zu spielen und mich anzupassen. Ich war zwar bei noch keinem Trainingslager der A-Nationalmannschaft dabei, aber ich weiß natürlich, welches System wir spielen und dass uns in jedem Spiel sehr gute Gegner erwarten. Sicherlich gehen wir als Underdog in die Spiele, aber das gewährt ja auch die Möglichkeit, zu überraschen.

 

(10) Hast du für dich ganz individuell eine Zielsetzung für die erste Berufung zur Nationalmannschaft oder freust du dich einfach nur darauf?

Ich sag es mal so: Mein Ziel ist schon, wieder eingeladen zu werden (wir beide lachen). Ich will schon so spielen, dass man auch sieht, dass ich dorthin gehöre und nicht nur mal so auf Verdacht eingeladen wurde. Ich will solide spielen, gut verteidigen und ein paar Zweikämpfe über deutschem Niveau, mit internationaler Härte führen. Darauf freue ich mich sehr.

 

(11) Okay, letzte Frage zum Abschluss: Wir sprechen ja sowohl mit dir als auch mit Leo über das anstehende Turnier. Ihr beide habt in den letzten Jahren, nach der langen gemeinsamen Zeit beim DHfK, außer bei ein paar U23-Trainingslagern nicht mehr zusammengespielt. Geht dir dazu irgendetwas durch den Kopf, nun nach all den Jahren gemeinsam in der A-Nationalmannschaft auflaufen zu dürfen?

Leo ist natürlich derjenige, mit dem ich in der Mannschaft am meisten zu tun habe, auch in der U23 haben wir viel darüber gesprochen. Leo ist ganz sicher einer der talentiertesten Spieler im Team und hat in seinen Jahren in der Schweiz sehr viel gelernt. In meinen Augen führt an ihm in der Nationalmannschaft kein Weg vorbei. Er ist ein sehr stiller Arbeiter, den es gar nicht interessiert, von außen viel gesehen zu werden. Er tut was er tut, weil er es für sich selbst möchte – das muss man an ihm wirklich hervorheben. In der U17- und U19-Zeit, wo er bereits eine WM vor mir gespielt hatte, war er mit seinem Arbeitseifer und seiner Disziplin mein Vorbild, ich denke für viele andere auch. Wenn du wissen willst, wie du an dir arbeiten musst, um besser zu werden, schau auf Leo. Er hat es sich absolut verdient, da zu sein, wo er heute ist. An ihm sieht man, wie viel dabei herauskommen kann, wenn jemand hart an sich arbeitet.

 

Okay, mit diesem schönen Schlusswort beenden wir dieses Interview. Vielen Dank dir Ferdi, dass du dir die Zeit genommen hast. Wir wünschen die bestes Gelingen beim Nations Cup und eine erfolgreiche sowie lehrreiche Saison in der F-Liiga bei Jymy.

Vielen Dank an Robert Perl vom SC DHfK Leipzig für die Einsendung des Interviews.